TRAVELLING: Orjol, Russland

Samstag, 15. Juni 2013


Hallo ihr Lieben, 
endlich gibt es mal wieder was aus der Rubrik Travelling. Und NEIN, ich war jetzt nicht mal kurz auf Reisen. Diese Bilder sind jetzt genau ein Jahr alt und zeigen meine Heimat-Heimatstadt Orjol (meine Heimatstadt heute ist nämlich Augsburg). Dort bin ich geboren und lebte bis zu meinem elften Lebensjahr dort. Wenn ich mir die Stadt heute anschaue, kann ich nicht sagen, dass ich sie sonderlich schön finde. Ich habe schon viele Städte gesehen und vergleiche natürlich auch mit dem Besten vom Besten, was mir jemals vor die Linse gekommen ist. Orjol ist nach deutschem Verständnis eine mittelgroße Stadt. Für Russland sind 317.000 Einwohner neben dem Riesen Moskau und seinen 11,5 Millionen Einwohnern wie eine Fliege neben einem Elefanten. Und dieser Geist eines Minderwertigkeitskomplexes zieht durch die ganze Stadt. Für Touristen ist sie wohl weniger interessant. Sage ich jetzt. Ihr würdet wahrscheinlich mit ganz anderen Gedanken durch Russland laufen.


Ich überlegte ganz lange (genau genommen die ganzen zwei Jahre), ob ich die Bilder auf dem Blog zeigen möchte und soll. Meine Oma, die immer noch dort lebt, mochte nicht, dass ich auch unschöne Ecken der Stadt ablichtete. Doch genau das machte für mich den Reiz aus. 
Vor vielleicht sieben Jahren konnte ich es noch nicht, den Blick aus der "Innensicht" in die "Außensicht" zu stellen. Dieses Jahr aber lebe ich genau seit zehn Jahren in Deutschland und kann wohl mittlerweile mit deutschen Augen durch Russland gehen. Ich sehe alle unbearbeiteten Fassaden, die eigentlich stabilen Häusern den Stempel einer Ruine verleihen. Ich merke, wie verplant die Reklame angebracht ist und wie geschmacklos und nicht-wirkungsvoll sie eingesetzt ist. Mir tut es total Leid um den Fluss, der nicht ordnungsgemäß gereinigt und gepflegt wird. Ich sehe all die alten Fahrzeuge, die sich stolz öffentlich Verkehrsmittel nennen. Und dann schmerzt mich das, dass die Leute ihre Stadt nicht als die IHRE ansehen und lieber von Moskau träumen und die Augen vor dem Leben auf ihren Straßen verschließen.



ABER! Das oben Genannte sind Dinge, die mir mein Kopf sagt! Meine Augen und mein Herz empfinden einfach so viel Liebe für diese Stadt. Kenn ihr das? Jemand muss nicht perfekt sein, um die Liebe der Mitmenschen für sich zu gewinnen. Als Mensch nicht und auch nicht als Stadt! Mit jedem Eckchen, mit jedem unperfekten Detail verbinde ich positive Emotionen und Erinnerungen. Da ist einfach so ein Gefühl von Ruhe, Geborgenheit und Zufriedenheit in mir, wenn ich an Orjol denke. Und diesen Sommer fahre ich wieder hin und habe diesmal meine CANON dabei. Juhu! Diese Bilder hier sind nämlich mit einer super-kleinen Digicam entstanden, was ich gar nicht mehr gewöhnt bin (die Dinger haben ja Null Gewicht!). 


Als ich einer Freundin die Bilder mit den Worten "interessiert wahrscheinlich keinen" zeigte, meinte sie "Das denkst vielleicht du, aber jemand, der es nicht kennt, findet es spannend!". Und genau darauf spekuliere ich nun. Was denkt ihr denn so? Wenn ihr sagt "nicht so schön fotografiert", bin ich eher froh, denn das zeigt mir, dass ich was dazugelernt habe! Wobei ich die ganz schlimmen Varianten, bei denen 3/4 vom Bild Boden zeigt, nicht ausgewählt habe. Ich hoffe, euch hat der kleine Ausflug nach Russland insgesamt gefallen.
Schönen Samstag euch!
Eure Natalia 


8 Kommentare:

  1. Das ist so mega interessant meine Liebe! :) und der Eintrag ist so persönlich geschrieben, einfach super! Deine Freundin A.

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  2. Liebe Natalia,
    es ist wirklich spannend! Ich sehe total gern Bilder von anderen Städten, insbesondere, wenn noch eine persönliche Geschichte dazukommt. Es ist auch schön, dass du auch einige nicht so vorzeigbare Ecken fotografiert hast. Ich verstehe zwar, dass deine Oma das nicht so gut fand und ich sehe auch das, was du als negativ vorstellst, aber trotzdem finde ich deine Bilder total schön und bin ein bisschen verzaubert. Falls du also auch die Bilder nach der diesjährigen Reise zeigen magst, ich fänd's super!
    Hab ein schönes Wochenende & liebste Grüße
    Julia

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  3. Da sind einige schöne Impressionen aus deiner Heimat dabei - und gerade weil nicht alles "perfekt" aussieht, vermitteln die Bilder doch einen realistischen Eindruck. Ich mag die Szene mit dem gelben Auto und die im Park besonders gern.
    Wenn du im Sommer wieder da bist... - könntest du dich vielleicht umsehen, was fahrradmäßig dort so los ist? Ich würde mich ja richtig doll über einen Beitrag für meine Fahrradweltreise freuen!

    LG
    Christiane

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  4. Wow, ich finde das tatsächlich sehr interessant :) Ich finde es sowieso total spannend, wie Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind, ihre Heimat wahrnehmen, wenn sie dann später wieder hinfahren. Hatte da letztens auch ein Gespräch drüber mit einer Freundin, die bis zu ihrem 8. Lebensjahr in Kasachstan gelebt hat und seitdem nicht mehr dort war. Sie hatte überlegt, demnächst mal hinzufahren, war sich aber irgendwie gar nicht so sicher, was sie dann empfinden und wie sie das Ganze sehen würde.

    Fand es auch sehr schön, dass du so ehrlich beschrieben hast, was du dabei fühlst, diese Kombination aus Heimatgefühl, Verbundenheit, aber quasi aus dem "deutschen Blickwinkel" auch negative Aspekte. Fotos, die du von so etwas aufnimmst, müssen ja nicht in erster Linie schön oder fotografisch perfekt sein. Sie bilden einfach das ab, was du uns zeigen möchtest, und wie du das Ganze siehst. Außerdem mag ich die Fotos sehr gerne, man fühlt sich irgendwie mittendrin und sie wirken auch sehr realistisch. Mir gefällt auch die Szene mit dem gelben Auto sehr gerne, vor allem, weil man da ein paar Menschen sieht, auf den anderen Fotos wirkt es ja fast ausgestorben :D Ist das so, oder war das fotografische Absicht?

    Ich wünsch dir ganze viel Spaß, wenn du im Sommer wieder hinfährst, und bring noch ganz viel mehr solche Fotos mit! :)

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  5. Ich finde diese "nicht so schönen" Ecken sind das was eine Stadt ausmacht. Sowas verleiht Charakter, weil man es eben sonst gewöhnt ist nur die schönen Seiten zu sehen. Ich finde die Bilder wundervoll und den Text auch. (Ich kann es dir nur schwer glauben, dass dies Bilder einer Kompaktkamera sind.) Ich wohne in einer kleinen Stadt und auch bei mir sagen alle: "Oh, unsere Stadt ist so so hässlich. Ich sag einfach ich komme woanders her." Sowas macht einen traurig.
    Aber ich bin bei sowas sowieso total seltsam. Ich finde die Fotos von dir wunderschön weil vieles so kaputt und leer aussieht und ich liebe solche Fotos. Deshalb finde ich auch Fotos wie das 6. von unten langweilig und ohne Reiz. (Aber es ist schön fotografiert.) Ich meine damit, dass das Foto dadrüber für mich ein größerer Anreiz sein würde in die Stadt zu reisen.

    Ich wünsche dir viel Spaß in deiner Heimatstadt und freue mich auf die neuen Fotos :)

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  6. Ahhh, endlich, endlich hast du's gepostet :) ich find die Bilder nach wie vor interessant & ich finde, irgendwie wirken sie auch gut, wenn sie mit einer "schlechteren" Kamera gemacht sind. :) vielleicht macht gerade das den Reiz aus.
    Ich kann's gut nachvollziehen, dass die Stadt für dich etwas Besonderes ist. Und du hast recht, gerade in den unperfekten Orten fühlt man sich manchmal heimisch und wohl. (:
    Bin jedenfalls sehr, sehr gespannt auf weitere Eindrücke.

    <3

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  7. Tolle Bilder <3
    Ich weiß nicht...in letzter Zeit habe ich gar keinen Spaß mehr daran und auch keine Motivation, irgendwie :/ Noch dazu verliere ich viele meiner Leser und kaum einer schreibt noch Kommentare...
    Naja, ich denke aber, dass ich wohl doch nur eine kleine Pause mache ;)
    Liebe Grüße,
    Lea :*

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  8. Interessant. Gerade das "unglamuröse" und der etwas andere Blick auf Städte in dem Teil der Welt sind aber sehr gefragt zur Zeit. (nur Mut!) :)
    Empfehlen kann ich an solchen Orten bw-Aufnahmen zu machen; die kommen super an und unterstreichen die Athomsphäre nochmal. Ich finde den Post super interessant. Da bleib ich eher kleben als an dem 100. Post darüber wie toll NYC war; das sieht man derzeit ja wieder total oft. Nene, lieber sowas. Ist wenigstens interessant und es schreibt nicht jeder darüber.
    Nächstes Jahr im Frühjahr werde ich in Russland sein; ich freu mich schon sehr! Lieben Gruß lasse ich Dir da!

    Suze
    http://gesundheitsuze.wordpress.com

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